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Neue Wege für ein altes Kloster

Wie das MCI Tourismus Brücken zwischen Theorie & Praxis baut
Kloster St. Martin Gnadenwald MCI Tourismus Entrepreneurship Case Studies
Nach der Übergabe des Klosters St. Martin in Gnadenwald an die Gemeinde entwickelten Master-Studierende des MCI Tourismus im Zuge der Lehrveranstaltung "Entrepreneurship Case Studies" mögliche Nutzungskonzepte für diesen besonderen und geschichtsträchtigen Ort.

TTR: Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit zwischen dem MCI Tourismus und der Diözese Innsbruck?

Christoph Engl: Die Lehrveranstaltung ist bewusst praxisorientiert und zielt darauf ab, verschiedene theoretische Bereiche wie Unternehmensführung, Marketing, Finanzierung in einem Praxisprojekt zusammenzuführen. Nachdem wir in vorherigen Jahren bereits mit dem SOS Kinderdorf International zusammengearbeitet haben, kam die Idee auf, das Kloster St. Martin in Gnadenwald als Praxisprojekt heranzuziehen. Während die Benefizialkirche 2009 renoviert wurde und sich damit in einem guten Zustand befindet, ist das Kloster renovierungsbedürftig. Nachdem dieses von den Tertiarschwestern zurückgegeben wurde, stellt es für die Gemeinde eine Belastung dar und ist nur schwer tragbar. Auf der anderen Seite hat der Ort eine lange Geschichte mit der ersten urkundlichen Erwähnung im Jahr 1337. Als ursprüngliche Einsiedelei und späteres Kloster ist St. Martin heute noch eine Wallfahrts- und Pilgerstätte mit tollem Blick ins Inntal. Nach dem Rückzug der Tertiarschwestern wurde das denkmalgeschützte Kloster zwischenzeitlich als Wohnung für Asylwerber genutzt, steht mittlerweile allerdings leer. Unterschiedlche Überlegungen als Pilger- und Gnadenstätte bzw. als Zentrum für Kinder mit schwerern Erkrankungen scheiterten. Denn aufgrund seiner abgeschiedenen Lage in einer roten Zone ist ein Zubau nicht möglich. Mit 10-12 Betten hat das Kloster eine ungünstige betriebswirtschaftliche Größe und ist zudem eine emotionale Angelegenheit für Einheimische und Freude von St. Martin. Also kurz zusammengefasst, eine recht schwierige Ausgangslage und damit perfekt geeignet für unser Praxisprojekt.

TTR: Welche Aufgabenstellung erhielten die Studierenden und wie gingen sie dabei vor?

Christoph Engl: Wir haben für dieses Praxisprojekt eine Kooperation zwischen der Gemeinde Gnadenwald, der Diözese Innsbruck sowie der Neuen Heimat Tirol gegründet. Im September 2019 fand nach einer ersten Einführung eine Exkursion mit der Besichtigung des Klosters St. Martin statt. Michael Schallner von der Diözese Innsbruck hielt dabei einen Vortrag über die Geschichte und derzeitige Nutzung des Klosters und Matthias Schöpf von der Neuen Heimat Tirol gab den Studierenden einen Einblick in Projektmanagement und Umbaukosten für solch ein Objekt.

Exkursion Entrepreneurship Case Studies MCI Tourismus St. Martin Gnadenwald

Exkursion St. Martin im September 2019

Die Studierenden hatten dann die Aufgabe, alternative Nutzungsideen in Form eines Business Plans zu erarbeiten. Ganz nach Nikolaus von Kues sollten sich die Studierenden mit den Grenzen des Machbaren, des Erlaubten sowie des Wissens beschäftigen, in der Theorie Erlerntes anwenden und tragbare Geschäftsideen entwickeln. Von den insgesamt 10 Gruppen wurden 4 aufgrund ihrer Praktikabilität sowie Kreativität vorausgewählt, welche ihre Konzepte der Jury Mitte Dezember präsentieren durften. Die Jury setzte sich dabei aus Bischof Hermann Glettler selbst, Michael Schallner (Büroleiter des Bischofs), Dekan Franz Angermayer (Pfarrer von Gnadenwald ), Hannes Gschwentner (Technischer Geschäftsführer der Neuen Heimat Tirol), Matthias Schöpf (Neue Heimat Tirol), Ulrich Mayerhofer (Vize-Bürgermeister der Gemeinde Gnadenwald), Hubert Siller (Studiengangsleiter des MCI Tourismus), Margit Schäfer (Hochschullektorin am MCI) und meiner Wenigkeit zusammen.

TTR: Welche spannnenden Konzepte waren hier dabei und welches hat die Jury überzeugt?

Christoph Engl: Präsentiert wurden vier sehr unterschiedliche Konzepte. "Silent Retreat" will einen Ort des gemeinsamen Schweigens schaffen und St. Martin als Kraftort erlebbar machen. Das "Haus der Vielfalt" hingegen vereint klassischen Miet- und Wohnraum mit einem Café als sozialen Gemeinschaftsraum für EinwohnerInnen sowie einem Kunstraum. Dadurch soll ein lebendiger Ort für Gäste und die lokale Bevölkerung entstehen ohne große bauliche Maßnahmen vornehmen zu müssen. Die "Klosterbrauerei" greift den Craft Beer Trend auf und verbindet die jahrhundertelange Tradition von Bier und Kloster - ebenfalls wieder für Einheimische und Gäste.

Als Siegerprojekt setzte sich - wenn auch nur knapp - die "Klosterlodge" durch. Die Idee dahinter ist eine Vermietung als Einheit für kleinere Gruppen bis zu 25 Personen. Neben den einfachen Zimmern bietet ein Seminarraum und gemeinsame Kochmöglichkeiten Raum für Kleingruppen, Workshops, Teambuilding Seminare, aber auch Familien, Individualreisegruppen oder kleinere Feiern. Angeboten werden 11 Doppelzimmer sowie 2 Schlafcouchen mit Frühstück sowie der Möglichkeit, ein externes Catering dazu zu buchen. Somit sollen einerseits Konflikte unter den Gruppen vermieden werden als auch ein Konkurrenzdenken zu bestehenden Unterkunftsmöglichkeiten in der Region. Vertrieben wird das Kloster über die eigene Website, spezialisierte Reisebüros sowie AirBnB. Die Studierenden haben auch eine Website für solche eine Nutzung erstellt. Zusätzlich soll die Vermarktung neben Mundpropaganda auch über Instagram sowie die Diözese selbst erfolgen. Das Konzept enthielt einen groben Finanzplan mit Kosten für die Realisierung des Projektes, den zu erwartenden Umsätzen sowie die Berechnung des Break-Even Points.

Klosterlodge Kloster St. Martin Gnadenwald MCI Tourismus

In Vertretung für die Gruppe wurden den Studierenden Herr Krösbacher und Frau Wiberg eine Urkunde vom Bischof, vom Studiengangsleiter Hubert Siller und mir in Anerkennung Ihrer kreativen Arbeit überreicht. Alle Finalisten bekamen als kleines Dankeschön ein gemeinsames "Frühstück im Dunkeln" beim Blinden- und Sehbehindertenverband Innsbruck.


 

FH-Prof. Dr. Christoph Engl

Forschungsschwerpunkt
Entrepreneurship
Position bzw. Aufgabe
Hochschullektor

Dr. Birgit Bosio

Forschungsschwerpunkt
Tourismustrends, Service Design, Customer Experience, Alpiner Tourismus, Nachhaltigkeit & Tourismus
Position bzw. Aufgabe
Hochschullektorin

Birgit Bosio hat den ersten Diplomjahrgang des MCI Tourismus absolviert und anschließend zwei Jahre in der Marktforschung der Tiroler Werbung gearbeitet. Gemeinsam mit Hubert Siller (MCI) und Michael Brandl (ehemals TW) zeichnet sie für die Entstehung des TTR verantwortlich. 2016 hat sie an der Universität Salzburg promoviert.

“Die Arbeit mit dem TTR ist spannend, da man sich täglich mit neuen Entwicklungen & Trends beschäftigen und ständig am Ball bleiben muss. Gleichzeitig stellt es aber dauernd eine Herausforderung dar, dem Nutzer diese Informationen kundengerecht und in der richtigen Dosis interessant aufzubereiten.”

Im TTR Team seit: November 2006

Zuständig für: Strategie & Konzeption, Tourismusforschung, Content Management, Social Media