Direkt zum Inhalt

Zahlt sich Nachhaltigkeit aus?

Corporate Social Responsibility im Tourismus
Wiener Boutiquehotel Stadthalle
Wie das Konzept der Corporate Social Responsibility auch in der Tourismusbranche umgesetzt werden kann und welche Betriebe hier Vorreiter sind, berichtet Dr. Daniela Ortiz von der FHWien der WKW.

TTR: Wieso ist CSR (Corporate Social Responsibility) für einen touristischen Betrieb relevant?

Daniela Ortiz: Der CEO eines großen Maschinenbauunternehmens hat letztens gesagt: „Mittlerweile können es sich Unternehmen gar nicht mehr leisten, sich NICHT mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinanderzusetzen“. Und das stimmt natürlich auch für österreichische Tourismusbetriebe. CSR ist besonders für jene Unternehmen relevant, die z.B. aufgrund von hohem Energieverbrauch oder eines intensiven Bedarfs an Humankapital und an natürlichen Ressourcen – wie dies im Tourismus oft der Fall ist – einen bedeutenden sozialen und ökologischen Fußabdruck hinterlassen. Außerdem ergibt sich ein zunehmender Druck durch anspruchsvolle KonsumentInnen sowie politischer und ziviler Akteure, bspw. NGOs. Gleichzeitig ist die erhöhte Aufmerksamkeit auch eine große Chance für Unternehmen, die ihre soziale und ökologische Verantwortung wahrnehmen. Die Auseinandersetzung mit dem Thema Nachhaltigkeit kann außerdem zu Produkt- und Dienstleistungsinnovationen und somit zu Wettbewerbsvorteilen führen.

TTR: Wie kann CSR erfolgreich im Tourismus umgesetzt werden?

Daniela Ortiz: Der Begriff „CSR“ wird mittlerweile inflationär gebraucht und hat leider einen schalen Beigeschmack. Gerade durch die Zusammenarbeit mit Unternehmen ist meinem Team und mir bewusstgeworden, dass die Bezeichnung „verantwortungsvolle Unternehmensführung“ unser Forschungsinteresse treffend beschreibt: Wir (unter-)suchen nachhaltig orientierte und zugleich konkurrenzfähigen Lösungen zum Management der sozialen und ökologischen Verantwortung von Klein- und Mittelbetrieben. Wir analysieren insbesondere Unternehmen, die als Best-Practice Beispiele ihrer Branche bekannt sind. Darunter sind zwei Stadthotels. Nicht OBWOHL sie sich mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigen und hier Ressourcen investieren, sondern GERADE DESWEGEN sind diese KMU erfolgreich! Heute sind Geschäftsmodelle gefragt, die die ökonomische, ökologische und gesellschaftliche Verantwortung eines Unternehmens berücksichtigen. Dabei geht es nicht darum das Familienerbe unbedingt in einen Passivbau zu verwandeln, auch weit weniger aufwändige Maßnahmen können den Stein ins Rollen bringen und viel bewirken, z.B.: Schulungen der MitarbeiterInnen, die Reduzierung von Abfall oder die schrittweise Umstellung auf regionale und biologische Produkte beim Frühstück.

TTR: Welche Vorzeigebeispiele gibt es im Tourismus? Welche Betriebe setzen CSR bereits erfolgreich um?

Daniela Ortiz: Eines unser acht Partnerunternehmen ist das Wiener Boutiquehotel Stadthalle (siehe Headerbild), das weltweit erste Stadthotel mit Null-Energie-Bilanz. Weitsicht und Mut ermöglichten hier eine rasante Entwicklung. Auch für das Hotel & Villa Auersperg ist das Thema Nachhaltigkeit integraler Bestandteil des Unternehmenszwecks: Es besteht der Anspruch im Sinne der Gemeinwohlökonomie zu handeln und dementsprechend Entscheidungen zu treffen. Die vorbildlichen Maßnahmen und Innovationen beider Hotels wurden bereits mehrmals ausgezeichnet. Die niedrige Fluktuationsrate, die Arbeitgeberattraktivität sowie die hohe Auslastung und die positiven Bewertungen der Gäste bezeugen den Erfolg. Beide Beispiele zeigen: Nachhaltigkeit zahlt sich aus!

Team des Stadt Wien Kompetenzteams

Das Stadt Wien Kompetenzteam für nachhaltiges, strategisches und chancenorientiertes Management von KMU (von links nach rechts): Mag. Michael Zipperer, B.Eng., Marie Czuray, M.A., Dr. Daniela Ortiz, Julia Domnanovich, M.A., Dr. Christopher Kronenberg

Dr. Daniela Ortiz leitet das „Stadt Wien Kompetenzteam für nachhaltiges, strategisches und chancenorientiertes Management von KMU“ am Center for Corporate Governance & Business Ethics der FHWien der WKW. Das Team forscht an Grundlagenprojekten, generiert Fallstudien und transferiert Forschungsergebnisse in anwendungs­bezogene Kontexte. Das Center arbeitet ausdrücklich interdisziplinär und in enger Zusammenarbeit mit Partnerorganisationen (Hochschulen; Unternehmen; Ministerien; NGOs). Dieses beispielgebende Kooperationsmodell leistet einen entscheidenden Beitrag zur Ausbildung zukünftiger Führungskräfte.

 

Foto Credit: Innenhof des Wiener Boutiquehotels Stadthalle – das weltweit erste Stadthotel mit Null-Energie-Bilanz © Marie Czuray