Direkt zum Inhalt

Nachfolge in touristischen Familienunternehmen

Eine Status Quo Analyse (2017-2018)
Tirol Werbung
In einer ausführlichen Erhebung wurde ein Überblick zum wissenschaftlichen Forschungsstand zur Betriebsübergabe von Tiroler Familienunternehmen erarbeitet und analyisiert.

Dieses Projekt wurde in Zusammenarbeit mit dem Zentrum Familienunternehmen durchgeführt.

Hintergrund

In Tirol sind 99,7% der Unternehmen als KMU klassifziert und stellen somit den Großteil der Wirtschaftsstruktur dar (Amt der Tiroler Landesregierung, 2013). Die Sparte Tourismus weist in Tirol einen überdurchschnittlich hohen Anteil an familiengeführten Betrieben auf. Die Unternehmensübergabe bzw. -nachfolge stellt für Familienunternehmen eine kritische Phase dar (Spelsberg & Weber, 2012). Nur ein kleiner Teil der Unternehmen bewältigt die familieninterne Übergabe über mehrere Generationen (Davis & Harveston, 1999; Kets de Vries, 1993). In vielen Unternehmen wird der Unternehmensübergabe zu wenig Beachtung geschenkt (Zellweger et al., 2012). 

Zielsetzung

Ziel ist eine Erhebung des Status Quo der Unternehmensübergabe von Familienbetrieben im Tiroler Tourismus sowie eine Analyse von Einflussfaktoren, Herausforderungen und Erfolgsfaktoren bei der Übergabe. 

Zentrale Fragestellungen

  • Wie viele Familienbetriebe planen eine Übergabe in den nächsten Jahren?
  • Was sind ausschlaggebende Gründ für die Übergabe innerhalb bzw. außerhalb der Familie?
  • Welchen Zeitrahmen ziehen touristische Familienunternehmen für den Übergabeprozess in Betracht?
  • Welche zentralen Herausforderungen sehen touristische Familienunternehmen bei der Unternehmensübergabe?
  • Welche Faktoren sind für touristische Familienunternehmen im Rahmen eines Übergabeprozesses von wichtiger Bedeutung?
  • Welche unternehmensinternen bzw. unternehmensexternen Faktoren beeinflussen die Unternehmensübergabe?

Vorgehen

Die Erhebung des Status Quo basiert auf Studien und internen Projekten des Zentrum Familienunternehmen, teilweise auch in Kooperation mit der Wirtschaftskammer Tirol und aktuellen Masterarbeiten des Management Centers Innsbruck. Eine ausführliche Recherche externer Studien, wissenschaftlicher Journals und einschlägiger Literatur ergänzt den Status Quo.

Ergebnisse

  • Die Tourismusbranche ist von einer besonders hohen Übergabeintensität von Familienunternehmen betroffen. In Tirol ist für 45% der Betriebe die Nachfolgerwahl noch offen. Interne Nachfolgen nehmen immer mehr ab, es schaffen nur noch 1 von 3 Unternehmen den Sprung in die nächste Generation. 
  • Die Gründe für die Übergabe sind meistens altersbedingt.
Nachfolge in Familienunternehmen
Abbildung 2: Gründe für die Übergabe von Familienunternehmen
  • Im Tourismus ist die geplante Dauer des Übergabeprozesses mit mehr als 4 Jahren deutlich länger als die tatsächlich durchgeführte Dauer mit max. 1-2 Jahren.
  • Bezüglich der Einflussfaktoren auf den Nachfolgeprozess wird in der Literatur größtenteils über individuelle, Beziehungs- und Prozesseinflussfaktoren diskutiert, während Kontext-, gesetztliche, finanzielle und äußere Einflussfaktoren kaum behandelt werden. Auch die Herausfoderungen und Erfolgsfaktoren zeigen denselben Fokus auf, was darauf schließen lässt, dass der individuelle, Beziehungs- und Prozessbereich besonders hohe Relevanz für die Praxis und den Erfolg der Nachfolge aufweist. 

Herausforderungen

Herausforderungen
Abbildung 3: Herausforderungen bei der Übergabe von Familienunternehmen

Erfolgsfaktoren

Erfolgsfaktoren
Abbildung 4: Erfolgsfaktoren bei der Übergabe von Familienunternehmen

Ausblick

  • Die Zahl der Übergaben steigt zukünftig (demografischer Wandel). 
  • Über 50% der Unternehmen in Österreich stehen in den nächsten 5 Jahren vor der Übergabe.
  • Familieninterne Nachfolgen sind rückläufig. 
  • Die höchste Übergabeintensität besteht im Tourismus (bis 2032: 30% aller Betriebe in Tirol).

Die Status Quoe Erhebung zeigt Ansätze für weitere Diskussionen der Thematik der Nachfolge für die Tourismusbranche auf, die noch mehr qualitative und quantitative Ansätze benötigt, um die Hintergründe und Zusammenhänge zu verstehen und einzelne Bereiche auf die Besonderheiten des Tourismus anzupassen und spezifische Handlungsempfehlungen ableiten zu können. Somit zeigen sich Forschungslücken für zukünftige, weiterführende Projekte des Zentrum Familienunternehmen.

Literatur

Amt der Tiroler Landesregierung (2013). Tiroler Wirtschafts- & Arbeitsmarktbericht 2013.

Davis, P. S. & Harveston, P. D. (1999). In the founder's shadow: Conflict in the family firm. Family Business Review, 12, 311-323.

Kets de Vries, M. (1993). The Dynamics of Family Controlled Firms: The Good and the Bad News. Organizational Dynamics, 21, 59-71.

Spelsberg, H. & Weber, H. (2012). Familieninterne und familienexterne Unternehmensnachfolgen in Familienunternehmen im empirischen Vergleich. BFuP - Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis, 64 (1), 73-79.

Zellweger, T. M., Kellermanns, F. W., Chrisman, J. J. & Chua, J. H. (2012). Family Contorl and Family Firm Valuations by Family CEOs; The Importance of Intentions for Transgenerational Control. Organization Science, 23 (3), 851-868.

 

Kontaktperson für detaillierte Informationen zur Studie:

FH-Prof. PD MMag. Dr. habil. Anita Zehrer

Forschungsschwerpunkt
Familienunternehmen, Betriebsübergabe
Position bzw. Aufgabe
Hochschullektorin & Leiterin des Zentrums Familienunternehmen

Titelbild by Tirol Werbung