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Nachhaltiges Reisen: Der Attitude-Behaviour Gap

Umweltbewusstsein und Reiseverhalten von jungen Reisenden
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In einer Online-Studie befragte Daniela Nirschl 199 Reisende der Generation Y zu Einstellungen und Reiseverhalten.

TTR: Wieso ist das Thema für die Tiroler Tourismuswirtschaft relevant?

Daniela Nirschl: Nachhaltigkeit und der Klimawandel sind Themen, die uns alle betreffen. Die Umweltauswirkungen von Massentourismus und unbedachtem Verhalten von Reisenden sind auch in Tirol bereits erkennbar. Vor allem im Reisekontext ist oft eine Kluft zwischen persönlicher Einstellung und tatsächlichem Verhalten zu beobachten, der so genannte Attitude-Behaviour-Gap. Konkret bedeutet dieser Gap, dass Reisende zwar umweltbewusst sind und sich um die Natur sorgen mögen, sich jedoch nicht immer umweltfreundlich auf ihren Reisen verhalten.

Abbildung 1
Abbildung 1: Attitude-Behaviour Gap

In meiner Masterarbeit habe ich deshalb untersucht, wie sich das Umweltbewusstsein der Generation Y, welche die wichtigste reisende Generation der nächsten Jahrzehnte darstellt und oft als umweltbewusster als frühere Generationen angesehen wird, auf ihr Verhalten auf Reisen auswirkt. Dafür wurde ein Forschungsmodell entwickelt, um die Beziehungen zwischen unterschiedlichen Einstellungs- und Verhaltensvariablen zu überprüfen. Die Ergebnisse der Arbeit sollten auch Einblicke für die Tourismusbranche liefern, welche Maßnahmen dazu beitragen können, ein umweltfreundlicheres Reiseverhalten zu fördern.

TTR: Was sind die Kernergebnisse Ihrer Arbeit und welche Bedeutung haben diese für touristische Destinationen?

Daniela Nirschl: Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass das Umweltbewusstsein der Generation Y ihr Reiseverhalten nur bis zu einem gewissen Grad in Richtung eines umweltfreundlicheren Verhaltens beeinflussen kann. Dieser Einfluss ist eher schwach und hängt von unterschiedlichen Faktoren ab. So zeigen die Ergebnisse, dass umweltbewusste Reisende eher dazu bereit sind, im Urlaub einfache, umweltfreundliche Praktiken wie Licht ausschalten oder Wasser sparen, zu ergreifen. Aber sie sind nicht bereit, aufgrund ihres Umweltbewusstseins weniger zu reisen oder umweltfreundlichere Verkehrsmittel zu nutzen. Je höher die wahrgenommenen Verhaltenskosten von Umweltpraktiken sind, desto seltener werden diese umgesetzt und desto weiter ist auch der Attitude-Behaviour-Gap. Da die großen Umweltsünden beim Reisen jedoch der Transport und das Reisen selbst sind, bleibt es fraglich, ob das Umweltbewusstsein der Generation Y stark genug ist, um die negativen Umweltauswirkungen des Tourismus maßgeblich zu verringern.

TTR: Welche konkreten Handlungsempfehlungen geben Sie in Ihrer Masterarbeit?

Daniela Nirschl: Die Ergebnisse der Arbeit haben ergeben, dass die Generation Y aufgrund ihrer positiven Einstellung zur Umwelt und zum umweltbewussten Tourismus durchaus eine geeignete Zielgruppe für nachhaltigen Tourismus darstellt. Ob die Reisenden ihr Umweltbewusstsein tatsächlich in einem umweltfreundlichen Reiseverhalten widerspiegeln, hängt jedoch unter anderem von den Verhaltenskosten ab. Es bringt nur wenig, an der Einstellung der Reisenden anzusetzen und diese für Umweltthemen zu sensibilisieren. Vielmehr müsste nachhaltiges Reisen attraktiver und leichter umsetzbar gemacht werden, da hohe Verhaltenskosten, seien es finanzielle Kosten, Zeitaufwand oder zusätzliche Bemühungen dazu führen, dass selbst umweltbewusste Reisende davon absehen. Informative Kampagnen sollten sich außerdem auf die negativen Umweltauswirkungen von konkreten Reiseaktivitäten fokussieren, da sich die Befragten zwar den allgemeinen Auswirkungen des Tourismus auf die Umwelt bewusst waren, nicht jedoch der konkreten Auswirkungen ihres persönlichen Urlaubs.

Daniela Nirschl

Daniela Nirschl

Nach ihrem Bachelorstudium in Tourismusmanagement an der Hochschule München hat Daniela Nirschl ihr Masterstudium in Tourism and Entrepreneurship mit Schwerpunkt Marketing Management und Tourismus mit Auszeichnung absolviert. Neben dem Studium hat die gebürtige Niederbayerin unter anderem bei einem Reiseveranstalter in München und einer Marketing Agentur in Innsbruck gearbeitet und konnte durch ihr Praxissemester in Südafrika und einen Work-and-Travel-Aufenthalt in Australien wertvolle Auslandserfahrungen sammeln. Seit November 2021 ist sie als Online Marketing Managerin bei STMS Marketing Services, einer Full-Service Marketingagentur für die Tourismusbranche in ihrer neuen Wahlheimat Innsbruck, tätig.   

Daniel Nirschl auf LinkedIn

Masterarbeit Betreuung: Dr. Mag. Tanja Hörtnagl

Titelbild: Tirol Werbung

Datum: 11.03.2022