Direkt zum Inhalt

Customer Experience auf Wanderwegen

Eine Analyse von Erlebnisfaktoren am Beispiel des WildeWasserWegs im Stubaital
Grauwasserfall am WildeWasserWeg
Tamara Gleirscher beschäftigte sich in ihrer Masterarbeit mit Erlebnisfaktoren zur erfolgreichen Gestaltung von Wanderwegen. Die qualitative Studie untersuchte, wie BesucherInnen und ExpertInnen den WildeWasserWeg erleben bzw. beurteilen.

TTR: Was bedeutet Customer Experience und inwiefern ist diese relevant für den Berg- und Wandertourismus in Tiroler Destinationen?

Tamara Gleirscher: Bis heute gibt es keine allgemein gültige Definition des Begriffs „Customer Experience“. In meiner Arbeit habe ich sie daher von bestehenden Definitionen anerkannter Autoren hergeleitet und sie als „ganzheitlicher, kognitiver, emotionaler und sensorischer Involvierungsprozess eines Menschen, welcher intern abläuft, aber von externen Faktoren beeinflusst wird“ definiert. Auf einem Wanderweg spielen insbesondere die internen Elemente, die materiellen Elemente und das Naturerlebnis eine wesentliche Rolle für die Customer Experience. Das Erlebnis ist nicht nur relevant für den Berg- und Sommertourismus, sondern wird im gesamten Tourismus in Zukunft von Bedeutung sein. Guter Service und Dienstleistungen reichen nicht mehr aus, um den Wünschen der Gäste nachzukommen. Die stetig wachsenden Erfahrungen und Möglichkeiten an Freizeitgestaltung führen zu steigenden Ansprüchen an touristischen Erlebnissen. Prognosen belegen, dass Statussymbole der kommenden Generation weniger materielle Dinge, sondern Erlebnisse sein werden. Die Bedeutung der Customer Experience für den Sommertourismus und Tiroler Destinationen nimmt somit zu.
 

TTR: Was sind die Kernergebnisse Ihrer Arbeit in Bezug auf Customer Experience auf Wanderwegen und welche Bedeutung haben diese für touristische Destinationen?

Tamara Gleirscher: Die drei Hauptelemente der Customer Experience am WildeWasserWeg – materielle Elemente, interne Elemente und Naturerlebnis - wurden insgesamt positiv erlebt. Größte Wichtigkeit wird dem Naturerlebnis zugeschrieben, insbesondere weil die Befragten sich bei der Beantwortung aller Elementen auf die Natur bezogen. Den internen Elementen: Zielerreichung, Auswirkungen auf das Wohlbefinden, persönliche Weiterentwicklung, Emotionen und soziale Interaktionen, werden ebenfalls eine wesentliche Bedeutung zugesprochen. Sie wurden am WildeWasserWeg insgesamt ausschließlich positiv erlebt. Die materiellen Elemente, welche Weg, Beschilderung, Infrastruktur am Wasser und Informationstafeln umfassen, bilden die Basis für das Erlebnis. Die insgesamt positiven Ergebnisse spiegeln sich in der sehr hohen Zufriedenheit wider. Meine Befragung zeigte ebenfalls, dass 17 von 18 Befragten den Weg mindestens einmal weiterempfohlen haben, dies veranschaulicht die Relevanz einer guten Customer Experience auf einem Wanderweg für eine Destination.
 

Model zu den Ergebnissen

TTR: Welche konkreten Handlungsempfehlungen für die Gestaltung von Wanderwegen in den Alpen geben Sie in Ihrer Masterarbeit?

Tamara Gleirscher: Aus den Resultaten der Befragung ergeben sich konkrete Verbesserungsvorschläge am Forschungsobjekt, welche ausschließlich materielle Elemente betreffen, sowie Handlungsempfehlungen für Wege in den Alpen. Diese teilen sich in Handlungsempfehlungen für den Tourismusverband, sowie Handlungsempfehlungen zum Fördern von materiellen und internen Elementen, sowie dem Naturerlebnis.

  • Der Tourismusverband sollte für kongruente Informationen sorgen und geteilte Inhalte moderieren. Mehr als die Hälfte der Befragten informierten sich über den TVB zum Weg. Kongruente Informationen sorgen bekanntermaßen für Vertrauen und für eine angemessene Erwartungshaltung, was wiederum zur Zufriedenheit führt, wenn diese Erwartungen erfüllt oder übertroffen wurden.
  • Die materiellen Elemente sollten gut Instand gehalten werden, aber auch Begeisterungsfaktoren beinhalten. Am WildeWasserWeg sorgt insbesondere die Inszenierung durch Plattformen am Wasser für Begeisterung, weil sie die Erwartungen der Besuchenden übertreffen. Von den Befragten ebenfalls besonders positiv hervorgehoben, ist die Zugänglichkeit der ersten Etappe für alle Zielgruppen, wodurch Zielgruppen Zugang zum Bergerlebnis bekommen, welche häufig davon ausgeschlossen werden. Die internen Elemente sind nur schwer von außen beeinflussbar. Die Untersuchungen haben jedoch ergeben, dass Teilabschnitte und Etappenziele wie sie am WildeWasserWeg vorkommen insbesondere das positive Gefühl der Zielerreichung fördern können. Außerdem sorgen die variierende Schwierigkeit und Breite des Weges für gute soziale Interaktionen und persönliche Weiterentwicklung, weil die Besuchenden sich auf den breiten Teilen unterhalten und auf den schmaleren in sich gehen können.
  • Ergebnisse bezüglich des Naturerlebnis beschreiben, dass Wasser und die Vielfalt der Natur und Landschaft die Besuchenden besonders ansprechen. Wasser erhöht die Attraktivität einer Landschaft und auch die Befragung ergab, dass alle Interviewten vom Wasser fasziniert waren. Ebenfalls positiv aufgefallen ist, dass sich die Infrastruktur des Weges sehr gut in die natürliche Landschaft einfügt. Für ein intensives Naturerlebnis sollte auch das Sinneserlebnis gefördert werden. Am WildeWasserWeg passiert dies insbesondere auf der großen Plattform, dem Observatorium, wo die Besuchenden die Gewalt des Wassers sehen, das Rauschen hören, die frische Luft riechen und die Wassertröpfchen auf der Haut spüren.
Tamara Gleirscher

Tamara Gleirscher

Tamara Gleirscher hat ihren Bachelor in "Unternehmensführung in der Tourismus- und Freizeitwirtschaft" am MCI Tourismus absolviert. Darauf aufbauend hat sie auch den Master „Entrepreneurship & Tourismus“ im Sommer 2020 am MCI erfolgreich abgeschlossen. Vor und während ihrer Studienzeit sammelte sie praktische Erfahrungen in Service, Verkauf, Operations, Rezeption und Management u.a. in der Alpinschule Innsbruck und der Alpinschule Neustift. Im Winter 2019 gründete sie das kreative Kleinunternehmen Heartrings.

Masterarbeit Betreuung: Prof. Dr. Christoph Engl

 

Titelbild von Tamara Gleirscher

Beitrag vom 21.10.2020